Wir starten in Frankenheim bei kühlen Temperaturen und den ersten kleinen Wehwehchen in den Beinen. Dennoch gut gelaunt. Noch ist es trocken, laut Wetterbericht sollen erste Schauer erst am Nachmittag aufziehen.
Leider ist Mattias Weider, der seine Koppeln bereitstellte, bereits an der Arbeit und wir können kein Foto zum Abschied machen. Auch er war hilfsbereit, hatte alles für uns schon vorbereitet und überließ uns seine Flächen ganz im Vertrauen. Danke dafür!
Bis hier her haben wir bereits 57km zurück gelegt (ohne die gestrigen ungeplanten Umwege) und wir können schon wieder über alles missglückte lachen. Resümee bis hier her: Ja, es ist anstrengend aber es macht auch Spass und jeder Tag ist in jeglicher Hinsicht eine Bereicherung . Heute standen nur 11km im Plan und um 10Uhr ging es los.
Zurück auf dem Kolonnenweg liefen wir Richtung Grenzturm Grabenberg. Vor der Leubacher Straße, die wir queren mussten. Dann verdunkelte sich der Himmel und wir kramten die Regensachen aus. Aus leichtem Nieselregen wurde nach einem steilen Anstieg zum Grenzturm ein heftiger Sturm mit Hagel und Schneeregen. Eiskalt und pitschnass kamen wir, nach nicht mal der Hälfte der Stecke am Turm an und suchten erstmal Schutz vorm Wetter. Leider mit mäßigem Erfolg. Es blieb uns nicht viel übrig außer weiter zu laufen. Die restliche Wegstrecke bis Birx war nicht anspruchsvoll, allerdings machte das Wetter das Laufen zur sprichwörtlichen "Grenzerfahrung". Augen zu und durch, anders wars nicht möglich. In Birx angekommen beruhigte es sich, der Wind und der Regen ließen nach, und hörte schließlich am Gerstenstein ganz auf. Dennoch war es kalt und wir alle nass geregnet. Ziemlich schade, denn so konnten wir trotz des kürzeren Etappenziels die Stationen und Wegpunkte nicht wirklich erkunden oder ansehen. Die Route versprach angenehme Wege und keine Steigungen. Es stellte sich ein rhythmisches Laufen ein. Gemeinsam mit den Ponys hatten wir uns nach 4 Tagen richtig gut eingespielt. Eine gemeinsame Einheit, im Gleichschritt. So angenehm, dass man den Gedanken freien Lauf ließ. Was war gut bis jetzt, was schlecht. Was hatte ich mir erhofft von dieser ganzen Aktion und hatten sich meine Erwartung bis jetzt erfüllt? Mit meinen Kindern wollte ich Zeit verbringen. Intensive Gespräche führen. Was zusammen unternehmen. War das so? In den ersten Tagen war es alles andere als entspannt oder mega gute "Quality-time". Die Verantwortung die auf mir lag, verhagelte mir die Leichtigkeit, die ich mir vorgenommen, ja erhofft hatte. Für Mutter- kind- Gespräche war der Kopf noch nicht frei.
So ergeht es vielen, denen ich bei meiner therapeutischen Arbeit begegne. Täglich eine hohe Verantwortung, so viele Verpflichtungen, soviel an das man denken muss. Da bleibt nicht viel Zeit für gemeinsame Stunden, in denen man nur im Moment lebt.
Manche kommen genau deswegen zu uns nach Kaltenlengsfeld auf den Hof. Für intensive gemeinsame Zeit. Egal ob mit gesunden Kindern oder Kindern mit einer Erkrankung - der Alltag nimmt so viel Raum ein, dass das Leben kaum Platz hat.
Obwohl wir alle wissen, wie wichtig gemeinsame Zeit ist, nehmen wir sie uns zu wenig.
Umso mehr Energie, Zeit und Liebe stecke ich dann in die Planung von Programmen/ Workshops, wenn sich Familien oder z.B. Eltern-Kind-Paare bei uns gemeinsame Zeit "gönnen".
Zusammen mit unseren Tieren sind gemeinsame Aktivitäten möglich, die die Bindung stärken, Freude machen und Raum lassen für neue Erkenntnisse und bleibende Erinnerungen.
Ich wünsche mir selbst und auch allen Anderen, dass es uns wieder häufiger gelingt, uns bewusst Zeit zu nehmen. Zeit für sich selbst. Zeit für die Kinder, Zeit für den Partner, die Eltern, Großeltern & Freunde.
Zeit zum Leben.
Je mehr Routine wir darin bekommen, umso bewusster nehmen wir es wahr: Das Leben um uns herum. Der Stress weicht der Wahrnehmung, dann wird's leichter.
Wie der Weg heute. Trotz miesem Wetter war alles im Fluss.
Entspannt liefen wir Kilometer um Kilometer. Es war Zeit und Raum für ein Gespräch mit meinem Sohn. Er genoss es, auch mal nur mit mir was zu machen. Eine kleine Schwester sorgt oft für Streitigkeiten. Geteilte Aufmerksamkeit, egal ob durch Geschwisterkinder oder den Alltag - unsere Kinder/ Partner/ Familie haben das nachsehen. Gemeinsam Lösungen dafür finden hilft, den Frust zu vermeiden.
So kamen wir nach knapp 4.5h am Rhönhäuschen an und freuten uns auf ein Eis, dass wir seit Tagen essen wollten.
Stefanie & Jenny Lümpert führen mit ihrer Familie das liebevoll gestaltete Anwesen und hatte für die Pferde alles Wichtige bereitgestellt.
Auch Doris, die ich vor meinem Lauf kennenlernte und die bald eine Hospitation bei uns auf dem Hof machen möchte, erwartet uns schon und half bei der Versorgung der Tiere.
Danach ging es ins warme Stübchen. Bei Eis, heißer Schokolade und guten Gesprächen ließen wir den Tag ausklingen.
Morgen führt uns das grüne Band wieder Richtung Hessen. Allerdings ist unsere Unterkunft noch ungewiss. Bisher verliefen alle Versuche eine geeignete Bleibe zu finden ergebnislos. Ganz im Vertrauen, dass alles gut geht, lassen wir es auf uns zu kommen und laufen erst einmal los.
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